Auf dem

Ostbayerischen Jakobsweg

von

Eschlkam nach Donauwörth

 

 

- ein Erfahrungsbericht - 

 

 

 

Vorwort:

 

 

Warum tue ich mir das an? Der Regen prasselt mir ins Gesicht, der Wald dampft vor Nässe und der Blick vom „Hohen Bogen“ nahe der tschechischen Grenze ist wolkenverhangen. Naßkalt ist's mir und die Temperatur liegt gefühlt unter der 10-Grad-Grenze. Ich bedaure keine Handschuhe mitgenommen zu haben.

 

Es ist Mitte Mai 2015. Die Wetteraussichten der nächsten Tage sind auch nicht rosig. Warum bin ich wieder auf Wanderschaft ? Als Pensionär könnte ich doch zu Hause bequem im Sessel sitzen und die Füße hochlegen.

 

Warum also? Die Frage wird mir während einer durchzechten Nacht gestellt, die ich bis morgens zwei Uhr bei einem Arztehepaar verbracht habe, das ich am Abend im Burggasthof Neurandsberg kennengelernte. Eine überzeugende Antwort wußte ich auf die Schnelle auch nicht.

 

Viele Gründe lassen sich anführen: das Erleben der Natur, das Alleinsein in den ausgedehnten Wäldern des Bayrischen Waldes, das ungestörte Nachdenken über Gott und die Welt, vielleicht auch Spiritualität. Die Reihenfolge ohne Wertung.

 

Vielleicht ist ja doch der Weg das Ziel.  

 

 

 

 

 

Zur Geschichte des Jakobsweges:

 

Jakobus der Ältere (lateinisch Jacobus Maior „Jakobus der Ältere“, oder griechisch Ἰάκωβος ὁ τοῦ Ζεβεδαίου, lat. Iaco­bus Zebe­daei „Jakobus (Sohn des) Zebedäus“, oder spanisch Santiago), († ca. 44 n. Chr.), ist eine Gestalt des Neuen Te­staments. Er zählt zu den zwölf Aposteln Jesu Christi. Zusammen mit seinem Bruder Johannes gehört Jakobus ne­ben Andreas und Simon Petrus zu den erstberufe­nen Jüngern (Mt 4,21; Lk 5,10).

 

Um Jakobus ranken sich besonders in Spanien viele Legenden. So soll er nach der Himmelfahrt Jesu der Apostel gewe­sen sein, der auf der iberischen Halbinsel das Evangelium predigte. Nach anderer Überlieferung übergaben nach dem Tod des Jakobus dessen Jünger den Leichnam des Apostels einem unbenannten Schiff, das später in Galizien an der nordspanischen Küste gelandet sein soll. Nach seiner Beisetzung geriet das Grab zunächst in Vergessenheit. Nach der Wiederentdeckung im 9. Jahrhundert wurde darüber eine Kapelle, später eine Kirche und schließlich die Kathedrale er­richtet, um die herum sich der Pilgerort Santiago de Compostela entwickelte und zu der die Jakobswege führen.

 

Seit dem späten 9. Jahrhundert wurde dem Apostel, der sich zum Nationalheiligen entwickelte, zunehmend eine militä­rische Funktion zugeschrieben. König Alfons III. von Asturien (866-910) führte seine Siege auf das Eingreifen des Hei­ligen zurück. Dabei handelte es sich um Kämpfe nicht nur gegen die Mauren, sondern auch gegen christliche Fein­de. Die Eroberung der Stadt Coimbra 1064 durch König Ferdinand I. von Kastilien und León schrieb man der Hilfe des „Soldaten Christi“ Jakobus zu. Einer späten, aus dem 12. Jahrhundert stammenden Legende zufolge griff Jakobus schon im Jahre 844 in der Schlacht von Clavijo auf der Seite der Christen gegen die Mauren ein und führte den Sieg herbei, wobei er als Ritter auf einem Schimmel erschien. Nach heutigem Forschungsstand gibt es außerhalb des Neuen Testa­ments keine Belege für die Historizität des Jakobus. Daher existiert auch kein Anhaltspunkt für die Vermutung, dass Ja­kobus sich tatsächlich auf der Iberischen Halbinsel aufgehalten hat. Die älteste Quelle, die einen Aufenthalt in Spanien erwähnt, ist das Breviarium apostolorum aus der Zeit um 600, wo nur knapp behauptet wird, er habe in Spanien und „an westlichen Orten“ gepredigt. Diese Idee wurde dann von verschiedenen Autoren (u.a. Isidor von Sevilla, Aldhelm von Sherborne und Beatus von Liébana) aufgegriffen, jedoch nicht besonders betont. Erst im Hymnus „O dei verbum patris ore proditum“ aus dem späten 8. Jahrhundert wird Jakobus als Patron und Beschützer Spaniens bezeichnet. Die Behaup­tung, dass die Gebeine des Jakobus nach Spanien gebracht wurden, taucht erstmals in Urkunden des 9. Jahrhunderts auf, wo auf die Entdeckung des angeblichen Apostelgrabs unter König Alfons II. (791-842) Bezug genommen wird, die nach 818 zu datieren ist. Diese Behauptung wird von der Forschung nicht als glaubwürdig betrachtet, denn in der Spätantike und während der gesamten Zeit der Westgotenherrschaft auf der Iberischen Halbinsel, die bis zum Zeit­raum 711-719 dauerte, war von einem Begräbnis des Apostels in Spanien nie die Rede (aus: wikipedia Stichwort Jako­bus der Ältere, Abruf vom 2.6.2015).


 


 

 

 

 

der heilige Jakobus mit Pilgerstab und Jakobsmuschel in der Pfarrkirche Rennertshofen


 

Die erste Erwähnung des Jakobsweges stammt aus dem Jahre 1047. In einer Urkunde des Hospitals von Arconada, Provinz Palencia wird die nordspanische Hauptverkehrsachse als „Weg, der seit alten Zeiten von Pilgern des hl. Jakobus und Peter und Paul begangen“ bezeichnet. Es ist die erste urkundliche Erwähnung dieser Straße überhaupt; sie bringt den Weg von vorneherein mit dem Grab des heiligen Jakobus in Galicien in Verbindung. Die Grabstätte in Santiago de Compostela entwickelte sich im Mittelalter neben Rom und Jerusalem zum dritten Hauptziel der christlichen Pilgerfahrt. Es entwickelte sich im ausgehenden Mittelalter eine regelrechte Massenbewegung, Pilgerscharen aus ganz Europa wanderten über den nordspanischen Camino Francés nach Santiago de Compostela. 

 

 

 

 

 

 

Verlauf des Ostbayerischen Jakobsweges:

 

Eine ganze Reihe von Wegen durch verschiedene europäische Länder führen zum Beginn des Camino Francés an den Pyrenäenpäs­sen von Somport (Aragonien) und Roncesvalles (Navarra). Einer der Zuwege ist der Ostbayerische Jakobsweg von der tschechischen Grenze bei Eschlkam nach Donauwörth.

 

Der Ostbayerische Jakobsweg war – wie die meisten Jakobspilgerwege – fast völlig aus dem Gedächtnis geschwunden und wurde erst nach 2000 auf Veranlassung der Fränkischen St. Jakobusgesellschaft rekonstruiert und Dr. Hans J. Kolbinger erschossen. Der „neue“ Weg wurde am 16.7.2004 in St. Jakob in Regensburg durch Bischof Gerhard Ludwig Müller und am 25.7.2004 durch Bischof Walter Mixa im Dom zu Eichstätt eingeweiht.

 

Der „neue“ Weg benutzt, in Verlängerung des von der tschechischen Hauptstadt Prag ausgehenden süd-tschechischen Jakobsweges, die uralten Handels- und Pilgerrouten zwischen Böhmen und Bayern. Über Přibram und Nepomuk durchquert er zuerst das mittelböhmische Tafelland und sodann über Klatovy den Böhmerwald bis zur bayerischen Grenze bei Eschlkam im Bereich der Further-Chamer Senke. Von hier ab trägt der neue Weg den Namen Ostbayerischer Jakobsweg. Er führt durch den Bayerischen Wald zur Donau und nach Regensburg. Der Weg geht weiter donauaufwärts nach Kelheim und führt von dort durch den weltberühmten Donaudurchbruch zum Kloster Weltenburg, dem ältesten bayerischen Kloster. Anschließend führt er nach Nordwesten durch den Naturpark Altmühltal nach Eichstätt, dem Sitz des gleichnamigen Bistums. Ab Eichstätt verläuft der Ostbayerische Jakobsweg nach Süden über die Hochflächen des Fränkisch-Schwäbischen Jura, um bei Donauwörth in den Schwäbischen Jakobsweg überzugehen.

 

Vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit führte der Ostbayerische Jakobsweg über die alten Handelswege und Hochstraßen.  Das spätmittelalterliche Wegenetz, das zu Beginn des 14. Jahrhunderts ausgebildet war, hat sich bis zum Beginn der Anlegung von Poststraßen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kaum verändert. Insbesondere mittellose Pilger folgten den mit karitativen Einrichtungen ausgestatteten Handelsstraßen. Diese sind heutzutage oft identisch modernen Verkehrswegen und damit für ein ungestörtes Wandern oft ungeeignet. Deshalb folgt die heutige Wegeführung dem Verlauf des „Kötztinger Weges“ des Bayerischen Wald-Vereins, durchquert den nördlichen Teil des Bayerischen Waldes, und erreicht bei Regensburg die Donau.

 

Auf einer Länge von insgesamt 273 km führt der Ostbayerische Jakobsweg von Eschlkam an der tschechischen Grenze nach Donauwörth: im Einzelnen: Všeruby (Neumark) • Neukirchen beim Heiligen Blut • Bad Kötzting • Stallwang • Wörth an der Donau • Regensburg • Kelheim • Altmannstein • Bettbrunn im Köschinger Forst (Wallfahrtskirche St. Salvator) • Stammham • Eichstätt • Rennertshofen • Donauwörth .

 

Wie Hans J. Kolbinger in seinem empfehlenswerten Führer über den Ostbayerischen Jakobsweg schreibt, handelt es sich bei der Wegeführung nicht um „eine Art religiös-historischer Lehrpfad“ und nicht um einen authentischen Weg im historischen Sinn, sondern um einen „auf die heutigen Verhältnisse und Bedürfnisse zugeschnittenen[n] Weg für Jakobspilger […] entlang der historischen Routen“.

 

 

gute Aussichten am Ende der Tagesetappe (gefunden an einer Scheune bei Haunkenzell)

 

 

 

 

 

Gesamtübersicht:

 

  1. Eschlkam /(Grenzübergang) – Neukirchen b. Hl. Blut 14,90 km

  2. Neukirchen – Bad Kötzting 18,30 km

  3. Bad Kötzting – Stallwang 29,90 km

  4. Stallwang – Wörth a.d. Donau 27,30 km

  5. Wörth a.d. Donau – Regensburg 28,80 km

  6. Regensburg – Kelheim 25,20 km

  7. Kelheim – Altmannstein 21,20 km

  8. Altmannstein – Stammham 20,90 km

  9. Stammham – Eichstätt 27,00 km

  10. Eichstätt – Rennertshofen 27,20 km

  11. Rennertshofen – Donauwörth 30,10 km

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270,80 km 

 

 

 

 

 

 

Praktische Hinweise:

 

Rucksack: sein Gewicht sollte wie bei Weitwanderungen allgemein empfehlenswert, nicht mehr als 12% des eigenen Körpergewichts ausmachen, einschließlich der Eß- und Trinkvorräte. Ich selbst hatte bei zwei Alpendurchquerungen jeweils zuviel Ausrüstung zu tragen gehabt und entsprechend „gelitten“; auf dem Ostbayerischen Jakobsweg habe ich deshalb nur noch 9 kg mitgeführt.

 

Drei Garnituren Leibwäsche waren ausreichend, die benutzte Garnitur habe ich jeweils am Abend gewaschen und am nächsten Tag mit zwei Wäscheklammern auf dem Rucksack zu „Trocknen aufhängt“.

 

Trotz der niedrigen Temperaturen im Mai 2015 war eine Regenjacke mit herausnehmbarer Fließ-Innenjacke als Wärmeschutz völlig ausreichend. Einen zunächst eingepackten zusätzlichen Pullover habe ich, um Gewicht zu sparen, weggelassen.

 

 

Schuhe: meine Salewa-Bergschuhe haben sich erneut bestens bewährt. Ein weiteres Paar Schuhe war überflüssig, ich habe nur eine Paar „Jesus-Latschen“ mitgenommen, die gewichtsmäßig nicht erheblich waren. Gegen schlechte Gerüche in den Schuhen, die erfahrungsgemäß nach wenigen Tagen auftreten, verwende ich ein Schuh-Deo-Spray aus dem Drogeriemarkt.

 

 

Regenschutz: seit Jahren benutze ich einen knielangen Poncho mit durchgehendem Reißverschluß auf der Vorderseite. Ich besitze einen Poncho von Decathlon mit einer etwas schweren Qualität, der bei Wind weniger flattert. Außerdem verwende ich knielange Gamaschen. Diese Ausrüstung hat den Vorteil besserer Ableitung der Körpertemperatur und man schwitzt weniger unter der Regenhaut. Nachteilig ist der fehlende Knieschutz; meine Lösung erscheint mit aber immer noch angenehmer, als unter einer Regenhose zu schwitzen.

 

Wichtig ist eine Regenhülle für den Rucksack.

 

 

Wanderstöcke: der Pilgerstab, wie ihn der Heilige Jakobus d. Ä. getragen hat, ist zwar dekorativ, aber mE weniger geeignet. Ich benutze einen brusthohen Teleskop-Wanderstock. Der Empfehlung, ein Paar Teleskop-Wanderstöcke zu verwenden, vermag ich nicht folgen. Mir erscheint die Gefahr des „Einfädelns“ zu hoch. Auf dem Meraner Höhenweg, den ich vor einigen Jahren gegangen bin, wurde vom tödlichen Unfall eines Bergführers berichtet, der an seinen beiden Wanderstöcken hängen geblieben und tödlich im Wiesengelände abgestürzt ist. Sturzgefahr besteht i.ü. auch bei Verwendung von nur einem Wanderstock, wie ich selbst bei Überquerung der Sella-Gruppe beim Abstieg zum Pordoijoch erfahren mußte. Also Vorsicht !

 

 

Blasen/Füße: Kolbinger schreibt in seinem bereits zitierten Führer über den Ostbayerischen Jakobsweg: „Im 21. Jh. dürften nur noch Ausdauersportler oder vereinzelte Barfußläufer eine Fußhaut haben, die robust genug ist, tagelange Märsche zu überstehen“. Mit Blasen muß also gerechnet werden. Ich verwende zum Einreiben der Füße Hirschtalg. Beim Auftreten von Blasen sind die modernen Gelpflaster empfehlenswert; sie halten bei sorgfältigen Aufbringen mehrere Tage lang; man sollte sie mit chirurgischen Klebeband (Tape) abdecken. Sollte sich etwas Gel herausquetschen, würde sich dieses untrennbar mit den Socken verbinden.

 

Bei Gelenkschmerzen verwende ich Franzbranntwein zum Einrieben.

 

 

Training: eine gute Grundkondition ist für eine Weitwanderung mit 270 km Länge unbedingt erforderlich. Ein vorheriges Training kann nicht schaden. Ich habe nach dem zweiten Tag regelmäßig nicht nur Blasen, sondern auch Schmerzen an den Bändern im Kniebereich, klage dann über schwere Beine. Der Trost: ab dem vierten Tag bin ich „Eingelaufen“ und die Wanderung beginnt locker zu werden und richtig Spaß zu machen.

 

 

 

 

 

Markierung und Orientierung:

 

der Ostbayerische Jakobsweg ist ausgezeichnet gekennzeichnet; er verfügt über eine opulente Markierung mit der Jakobsmuschel, so daß (fast) keine Zweifel auftreten. Den Verant- wortlichen, wohl ehrenamtlichen Helfern, gebührt großes Lob.

 

Das stilisierte Symbol der Jakobsmuschel stellt mit ihren Strahlen das Wegenetz dar, welches auf das Ziel der Reise – Santiago de Compostela – zuläuft.

Das Schloß der Jakobsmuschel verweist auf die jeweilige Wegrichtung (auf dem Photo nach Links). Manchmal ist auf dem Ostbayerischen Jakobsweg die Richtung zusätzlich mit einem Pfeil gekennzeichnet.

 

Der heilige Jakob erhielt die Jakobsmuschel als Erkennungszeichen postum zugedacht, die er in Darstellungen in der Regel am Hut trägt, manchmal auch am Gürtel. In den Kirchen des Ostbayerischen Jakobsweges findet sich die Jakobsmuschel meist auf Brusthöhe (beidseits) der Jakobsstatue.

 

Aufgrund dieses nachträglichen Attributes wurde die Jakobsmuschel auch zum Symbol der Pilger, insbesondere der Pilger des Jakobswegs, und die Muschel bereits im Mittelalter weithin bekannt. Die christlichen Pilger des Mittelalters benutzten die Jakobsmuschel zum Wasserschöpfen. Ein unter Jakobspilgern verbreiteter Brauch war es, den Pilgergang 60 km weiter am Cap Finisterre zu beenden, um dort aus dem Meer eine echte Jakobsmuschel zu sammeln. Als Pilgerzeichen am Hutband des Hutes oder am Gürtel getragen, ist sie geschichtlich mit der Wallfahrt nach Santiago de Compostela verbunden, um damit an den Besuch des Grabs des heiligen Jakobus zu erinnern. Die Muschel war mehr als nur ein Souvenir. Nach der Rückkehr in die Heimat sicherte sie ihrem Träger Ansehen, und mancher ließ sich die Muschel ins Grab legen.

 

Papst Benedikt XVI. hat mit Bezug auf seine Zeit als Theologieprofessor an der Universität Regensburg die Jakobsmuschel aus dem Wappen des Schottenklosters in Regensburg in sein päpstliches Wappen aufgenommen.

Wappen von Papst Benedikt XVI.

 

 

Da der Ostbayerische Jakobsweg auch in west-östlicher Richtung begangen werden kann, ist diese Wegrichtung mit der Jakobsmu­schel in der Farbe blau auf gelbem Grund gekennzeichnet.

 

Lediglich im Bereich des „Hohen Bogen“ wird als Markierung meist statt der Jakobsmuschel die bayrische blaue Raute auf weißem Grund („Baierweg“) verwendet.

 

Der bereits mehrfach genannt Wanderführer von Hans. J. Kolbinger ist mit reichhaltigem Kartenmaterial im Maßstab 1:50000 versehen (Anm.: 2 cm 1 km). Auch gibt es dort eine Gesamtkarte über den Ostbayerischen Jakobsweg. Dies ist nach meiner Erfahrung völlig ausreichend, der Mitnahme weiterer Karten bedarf es daher nicht.

 

 

 

Kompaß und Barometer: die Mitnahme ist sinnvoll. In der Vergangenheit habe ich „hochnäsig“ die Mitnahme solcher Hilfsmittel bei der Orientierung für entbehrlich gehalten und auf meine reichhaltige Erfahrung als Gebirgsjägeroffizier und Einzelkämpfer der Bundeswehr vertraut. 2014 bei der Durchquerung der Karawanken auf dem Alpe-Adria-Trail wurde ich eines Besseren belehrt: In den Wolken an einer siebenarmigen Wegespinne ohne jegliche Markierung stehend – wo geht’s hier bitte nach Kranska Gora ? Mir hat der Kompaß auf dem Jakobsweg, insbesondere bei der Überschreitung des Hohen Bogen, mehrfach die Orientierung erleichtert.

 

Auch auf mein Barometer möchte ich nicht mehr verzichten. Zumindest die Wetterübersicht ist hilfreich. Auch die Höhenangaben erleichtern die Orientierung.

 

 

 

 

Pilgerpaß:

 

ein solcher wird auf dem Ostbayerischen Jakobsweg nicht benötigt, da besondere Pilgerherbergen fehlen. Anders ist es dagegen auf dem schwäbisch-bayerischen Jakobsweg, der wiederholt preisgünstige Übernachtungsmöglichkeiten für Pilger, z.B. in Kloster, Holzen, Augsburg, Siebnach, Scheidegg und Lindau bietet.

 

Pilgerstempel sind auf dem Ostbayerischen Jakobsweg an völlig unterschiedlichen Stellen erhältlich und es bedarf meist der Nachfrage. Beispielsweise erteilt in Neukirchen b. Hl. Blut die Gemeindeverwaltung den Stempel. In Rattenberg befindet sich vor dem Pfarrhaus ein Kasten mit dem Stempel, bei der Wallfahrtskirche Pilgramsberg wird der Stempel in das Gaststätte erteilt. In der Jakobskirche Regensburg befinden sich Stempel und Stempelkissen in der Kirche, in Eichstätt ist der Stempel an der Pforte der Benediktinerinnenabtei St. Walburg erhältlich.

 

 

 

 

Unterkunft:

 

die Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit ist in Teilen nicht ohne Probleme. In den Dörfern und kleinen Gemeinden, die der Jakobsweg passiert, konkurriert man als Jakobspilger/Wanderer mit anderen Gästen, insbesondere in der näheren Umgebung des Industriestandorts Ingolstadt auch mit Monteuren und Geschäftsleuten, was sich nicht nur im Preisniveau niederschlägt. Im Mai 2015, d.h. außerhalb der Hauptsaison, ist es mir wiederholt passiert, daß mir bei der morgendlichen Anfrage nach einer Übernachtungsmöglichkeit für die folgende Nacht, eine Absage erteilt wurde. Ich habe mehrfach befürchtet, im Wald übernachten zu müssen und es bedauert, keinen Biwaksack für einen solchen Notfall mitgenommen zu haben.Andererseits habe ich selbst im kleinen Weiler Haunkenzell eine gemütliche Unterkunft gefunden.

 

 

 

Literatur:

 

- Kolbinger, Hans J.: Auf dem Jakobsweg von Prag über Regensburg und Eichstätt bis Donauwörth. Der Ostbayerische Jakobsweg und die tschechische Südvariante. Innsbruck/Wien 2006

 

Der Wanderführer ist sehr empfehlenswert und hat mir auf meiner Tour 2015 gute Dienst geleistet. Er ist für jede Etappe mit einer Karte im Maßstab 1:50000 versehen und beschreibt die einzelnen Tagesstrecken präzise und einprägsam. Lediglich die seit dem Erscheinen 2006 erfolgten Streckenänderung sind naturgemäß nicht enthalten und sollten bei einer neuen Auflage berücksichtigt werden. Der Führer enthält eine Liste von Übernachtungs- möglichkeiten, die immer noch weitgehend aktuell ist. Prädikat: unbedingt empfehlenswert.

 

 

 

 

 

 

Etappe 1: von Furth im Wald nach Neukirchen b. hl. Blut:

 

 

 

Ausgangspunkt: Bahnhof Furth

 

Streckenlänge: 13.2 km

 

Höhenmeter: 270 m ↑ 170 m ↓

 

Strecke: Bahnhof Furth – Eschlkam (6,94 km, 442 m) – Brünst (11,2 km, 497 m) – Neukirchen b. hl. Blut (13,2 km, 494 m)

 

Weg: 40% Wanderweg, 17% Nebenstraße, 17% Weg, 24% Asphalt, 3% loser Untergrund

 

Tourenrechner: komoot.de/plan

 

 

Bei der Ankunft mit der Bahn hätte ich mehr als 1 Stunde auf den Bus warten müssen, also benutze ich den Nachmittag zum Einlaufen. Es geht zunächst durch die Stadt in östlicher Richtung entlang der Landstraße nach Eschlkam, biegt dann auf einer Anhöhe, beim Ortsteil Blätterberg links ab. Von dort führt sie leicht bergab, über Wirtschaftswege durch Waldstücke und Wiesen. Links sieht man den Drachensee, einen erst 2009 entstandenen Hochwasserspeichersee am Fluß Chamb. In ostwärtiger Richtung geht der Blick auf Eschlkam.

 

Blick auf Eschlkam in Richtung auf die Grenze nach Tschechien

 

 

Rechterhand in südwestlicher Richtung geht der Blick zum Hohen Bogen, der uns in den nächsten Tagen begleiten wird.

 

Blick auf den Hohen Bogen

 

Unterhalb von Eschlkam biegt der Weg nach Südosten in Richtung Neukirchen b. Hl. Blut ab und folgt nun der, leider stark befahrenen Nebenstraße. Besser wäre es gewesen, nach Eschlkam hineinzugehen und und von dort dem Wanderweg nach Neukirchen zu folgen. Es waren jedoch starke Regenfälle angekündigt und ich wollte mich beeilen, um noch trockenen Fußes das Tagesziel zu erreichen. Deshalb gehe ich der Straße weiter, die oberhalb vom Lindbach durch die Wiesen und kleine Waldstücke führt.

 

 

Viele Wiesen sind im Blick auf die bevorstehende Schlechtwetterfront frisch gedüngt und es riecht kräftig nach Odel. Nach ca. 2 Stunden erreiche hinter Unterfausten in einem Wäldchen eine Kapelle mit vielen Totenbrettern.

 

Totenbretter nahe Unterfausten

 

Totenbretter waren Holzbretter, auf denen Gestorbene bis zur Beerdigung aufgebahrt wurden und die nach der Beisetzung zur Erinnerung an den Verstorbenen am Wegrand aufgestellt wurden. Der Brauch war im 19. Jh. im gesamten bayerischen und alemannischen Sprachraum verbreitet, heute finden sich Totenbretter nur noch im Bayrischen Wald und Oberpfälzer Wald. Die Verwendung von Totenbrettern als Aufbahrungsort kam mit der Einführung von Särgen zum Erliegen. Seither wurden und werden Totenbretter mit einer Erinnerungsschrift versehen, zum Gedenken an den Verstorbenen aufgestellt.

„Unermüdlich war dein Sorgen[,] Dank Dier's Gott da oben“.

 

 

Die zunehmend künstlerische Gestaltung der Bretter im 19. Jahrhundert stellte eine Abkehr vom ursprünglich verbreiteten Volksglauben dar. Dieser besagte, dass die Seele des Toten erst Erlösung findet, wenn sein Totenbrett verfallen war. Um eine möglichst kurze Zeit im Fegefeuer zu erzielen, wurden die älteren Totenbretter daher aus Weichholz gefertigt und ungeschützt der Witterung ausgesetzt. Vereinzelt wird auch von Totenbrettern berichtet, die als Trittplanken oder Stege genutzt wurden (aus http://de.wikipedia.org/wiki/Totenbrett).

 

 

Eine halbe Stunde später erreiche ich bei beginnendem Regen den Wallfahrtsort Neukirchen b. Hl. Blut. Leider hatte die Mönche im Wallfahrtszentrum nicht erreicht. Diese hatten zwar freundlicher zurückgerufen, was ich aber – wegen leise geschaltetem Handy - überhört hatte. So übernachte ich im Gasthof „Zum Bach“, wo ich gut und freundlich bewirtet wurde.

 

 

Neukirchen beim Heiligen Blut wurde erstmals 1301 urkundlich erwähnt und erhielt 1377 Marktrechte durch Herzog Albrecht von Bayern. Der Ort war Sitz ein Pflegamtes und gehörte zum kurfürstlich-bayerischen Rentamt Straubing. Die Wallfahrt entstand als Hostienwallfahrt zu Beginn des 15. Jh. Der Legende nach gab eine auf einem Baumstumpf gefundene Hostie den Grund zum Bau einer Kapelle. In etwa zeitgleich rettete um 1419 die böhmische Bäuerin Susanna Halada eine Madonnenfigur vor dem Bildersturm der Hussiten. Um 1420 entdeckte einer der hussitischen Anführer mit Namen Krcma diese Marienfigur bei einem kriegerischen Streifzug über die bayerische Grenze. Er versuchte zunächst die Statue zu vernichten, indem er sie in einem Brunnen warf. Aber sein Versuch war vergeblich. Die Marienfigur kehrte auf ihren Platz in der Kapelle zurück. Der Hussit unternahm den Versuch erneut – mit demselben Ergebnis. Als auch sein dritter Anlauf fehlschlug und die Statue erneut auf ihren angestammten Platz in der Kapelle zurückkehrte, packte ihn die Wut. Er zog sein Schwert, schlug auf die Figur ein und spaltete ihr das Haupt. Da floß frisches Blut aus der Wunde. Darüber furchtbar erschrocken, versuchte der Hussit zu fliehen. Er konnte sein Pferd jedoch nicht von der Stelle bewegen, worauf er ihm in seiner Panik die Hufeisen abriß. Auch dies war vergeblich, das Pferd blieb wie angewurzelt stehen. Nun erkannte Krcma das Unrecht seiner Missetat, er bereute und bekehrte sich zum katholischen Glauben und zur Marienverehrung. Er soll später noch oft als Pilger nach Neukirchen gekommen sein. Seither wird die Schwarze Madonna von Heiligen Blut verehrt. Die Wallfahrt nach Neukirche erfreut sich seither bis in unsere Tage einer großen Bedeutung. 

 

 

Wallfahrtskirche in Neukirchen b. Hl. Blut

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Etappe 2: von Neukirchen b. Hl. Blut über den Hohen Bogen nach Grafenwiesen

 

 

 

Ausgangspunkt: Wallfahrtskirche in Neukirchen

 

Streckenlänge: 19,7 km

 

Höhenmeter: 750 m ↑ 820 m ↓

 

Strecke: Neukirchen - Berggasthof Schönblick – Sektor F – Forsthaus Hohenbogen – Diensthüttenweg – Rimbach – Lichteneck - Rimbach – über Landstraße nach Grafenwiesen

 

Weg: 73 % Wanderweg, 20 % Straße

 

Tourenrechner: komoot.de/plan

 

 

Die heutige Etappe führt durch den Vorderen Bayerischen Wald, auch „äußerer Wald“ bzw. „Bayerischer Vorwald“ genannt. Dieser umfaßt im wesentlichen die Höhenzüge nördlich der Donau bis zur Cham-Further-Senke. Er besteht aus rundrückigen, baumbestan­denen Hügelkuppen, zwischen denen sich tiefe Trogtäler erstrecken. Die Hauptgesteinsarten sind Granit und Gneis. Das Gebiet war bedingt durch das rauhe Klima lange Zeit unbesiedelt. Erst mit dem Zerfall des Römischen Reiches begann durch eindringende Germanen im 5./6. Jh. allmählich die Besiedlung nördlich der Donau, die Einwanderung in den Vorderen Bayrischen Wald erfolgte noch später im 8. Jh. Immer wieder zeigen sich heute Einödhöfe und kleine Weiler inmitten von Rodungsinseln. Die Wanderstrecke führt abwechslungsreich durch Wiesen, Felder und urwüchsige Waldstrecken. 

 

Ich besuche zunächst die Wallfahrtskirche, verehre die Schwarze Madonna, und gehe dann nach Neukirchen hinein, wo ich mir in der Tourist-Info am Marktplatz (im Rathaus) meinen Pilgerstempel hole. 

 

 

Wegweiser am Marktplatz in Neukirchen b. Hl. Blut: es sind noch 2810 km nach Santiago de Compostela

 

 

Am Marktplatz befindet sich der Marienbrunnen, trotz schlechten Wetters eine schöne Einstimmung auf den Weg.

 

Maria als Himmelskönigin und "Patrona Bavariae" auf dem Marktplatz in Neukirchen b. Hl. Blut

 

 

Der Weg führt zunächst im Ort bergab und über den Freybach, dann zunächst leicht ansteigend weiter Richtung Hohen Bogen. Es sind verschiedene Wanderwege beschildert.

 

Der Hohe Bogen ist ein mit dunklen Nadelhölzern bestandener, breit hingelagerter etwa 8 km langer Höhenzug westlich von Neunkirchen b. Hl. Blut. An seinen Nordhängen befindet ein Skigebiet mit einem Sessellift von 1,36 km Länge. Er besitzt mehrere Gipfel, der höchste Punkt, der Schwarzriegel besitzt eine Höhe von 1079 m. Dort stehen immer die Radartürme des sog. Fernmeldesektor F, eines 2004 stillgelegten Nato-Horchpostens, an dem bis 2002 neben Angehörigen der Bundeswehr auch amerikanische und zeitweise auch französische Soldaten stationiert waren. Seinen Namen hat der Gebirgsstock nicht von seiner Form, sondern von den Grafen von Bogen, die um 1190 eine Burg auf dem Gipfel Burgstall (976 m) errichtet haben. 

 

Es regnet unausgesetzt und die angekündigte Schlechtwetterfront hat die Region um Neukirchen erreicht. Es ist unangenehm naßkalt. Der Weg führt immer in nordwestlicher Richtung zunächst durch Wiesen immer leicht bergauf bis zum Waldrand. Nach längerem Aufstieg erreiche ich den Berggasthof und bin heilfroh mich an der Heizung und bei einem Teller Suppe aufzuwärmen. 

 

Der Weg führt über eine Forststraße weiter bergauf, dann auf der Skipiste über den „Sonnenhang“, zum Schluß steil hinauf zur Bergstation des Skilifts auf 1050 m. Leider ist der Blick weit hinunter auf Neukirchen und Eschlkam wolkenverhangen.

 

 

Blick vom Hohen Bogen nach Nordosten auf Eschlkam

 

Ich gehe weiter, nun ohne nennenswerte Anstiege, auf der Forststraße zum „Sektor F“, der Radarstation auf dem Gipfel des Hohen Bogen, einem Relikt aus den Zeiten des Kalten Krieges.

 

 

Die Radartürme auf dem Hohen Bogen im Nebel

 

 

Nun geht's auf dem – mit der blauen Raute des Baierweges – gekennzeichneten Wanderweg durch die Wälder bis zur Hohenbogener Diensthütte, einem ehemaligen Forsthaus. Leider heute ohne Bewirtschaftung. Hier befinden sich alle möglichen Wegweiser, nur fehlt die Jakobsmuschel. Ich entscheide mich schließlich das asphaltierte Sträßchen hinunter nach Rimbach zu gehen. Die im Wanderführer angekündigte Route auf Waldwegen hinunter nach Watzlsteg finde ich nicht. 

Wo ist die Jakobsmuschel ?
So steige ich ca. 1 Stunde bergab über den „Diensthüttenweg“ hinunter nach Hinterlichteneck. Nahe beim dortigen Bauernhof im ein­samen Wiesental finde ich erneut Totenbretter, darunter für den am 5.12.1943 in Rußland gefallenen Josef Sterr, Bauer in Hinterlich­teneck. Meine inzwischen vorgenommene Recherche ergab: der am 18.4.1906 in Hinterlichteneck geborene Josef Sterr ist als Grena­dier an der Südfront in Wesselyi/Ukraine im Alter von 37 Jahren gefallen und wurde in Kitajgorodka beerdigt. Er ist auf einem Grab­stein in Rimbach genannt. Josef Sterr wurde noch nicht auf einen vom Volksbund Kriegsgräberfürsorge errichteten Soldatenfriedhof überführt (vgl. http://www.kriegstote.org/cgi-bin/baseportal.pl?htx=/Kriegsopfer/details_kriegstote_aktuell&Id = 22913, Abruf vom 4.6.2015). Auch eines der bedauernswerten Opfer eines verbrecherischen Krieges.

 

Totengedenkbrett für Joseph Sterr bei Hinterlichteneck

 

Die trotz ihrer Einfachheit eindrücklichen Verse auf dem Totenbrett sollen hier wiedergegeben werden:

 

„Hier am Fuß des Hohen Bogen

wo der Bergwind brauset hoch

Rehe, Fuchs u. Has' sich toben

Heimat du, mein Teufelloch.

 

Doch du schöner Waldesfrieden

warst nicht lange mein Glück

in den Krieg wurd ich getrieben

und kehrte nicht mehr zurück.

 

Kein Kirchenglocken mir erklingen,

keine Heimaterde deckt mich zu,

kein Waldvogel tut mir singen,

ein Lied zu meiner Ruh.

 

 

Von Hinterlichteneck gehe ich weiter durch das einsame Wiesental und anschließenden Wald, unterhalb der Burgruine Lichteneck, weiter nach Rimbach. Nun macht sich mein fehlendes Training bemerkbar. Ich bin ziemlich „groggy“ und habe keine Lust mehr weiterzugehen. Aber das Kurhotel in Rimbach erscheint meinem Pilgergeldbeutel nicht angemessen. Also trotte ich weiter, nunmehr um Zeit zu sparen auf der Landstraße, in Richtung auf das Flußtal des Weißen Regen. „Nomen est omen“, es regnet immer noch und ich fühle mich naß und kalt. Endlich erreiche ich gegen 16:00 Grafenwiesen und bis ins geplante Tagesziel Bad Kötzting ist's noch 5 km weit. Ich beschließe daher, mir in Grafenwiesen eine Unterkunft zu suchen und blättere in der Unterkunftsliste m Wanderführer. Der Gasthof Schegerer öffnet heute erst um 17:30, auch meine Nachfrage in der „Pension Forellenstüberl“ wird negativ beantwortet: „die Frauen sind gerade weggefahren, die Zimmer nicht vorbereitet und überhaupt ...“. 

 

Ich finde dann doch eine für den Pilger recht luxuriöse und für den Geldbeutel recht teure Unterkunft im Jagdhotel Christopherhof: eine wunderbare Unterkunft mit Sauna !!! 

 

 

 

Blick auf Grafenwiesen

 

 

 

 

 

 

Etappe 3: von Grafenwiesen über Bad Kötzting nach Rattenberg

 

 

 

Ausgangspunkt: Ortsmitte Grafenwiesen

 

Streckenlänge: 22,4 km

 

Höhenmeter: 620 m ↑ 510 m ↓

 

Strecke: Grafenwiesen – Bad Kötzting – Wallfahrtskirche Weißenregen – Blaibacher See – Heintzelsberg – Voggenzell – Moosbach – Kellberg – Neurandsberg - Rattenberg

 

Weg: 87 % Wanderweg, 5 % Straße, 36% befestigter Weg

 

Tourenrechner: komoot.de/plan

 

 

Die heutige Etappe führt durch den Vorderen Bayerischen Wald, auch „äußerer Wald“ bzw. „Bayerischer Vorwald“ genannt. Dieser umfaßt im wesentlichen die Höhenzüge nördlich der Donau bis zur Cham-Further-Senke. Er besteht aus rundrückigen, baumbestan­denen Hügelkuppen, zwischen denen sich tiefe Trogtäler erstrecken. Die Hauptgesteinsarten sind Granit und Gneis. Das Gebiet war bedingt durch das rauhe Klima lange Zeit unbesiedelt. Erst mit dem Zerfall des Römischen Reiches begann durch eindringende Germanen im 5./6. Jh. allmählich die Besiedlung nördlich der Donau, die Einwanderung in den Vorderen Bayrischen Wald erfolgte noch später im 8. Jh. Immer wieder zeigen sich heute Einödhöfe und kleine Weiler inmitten von Rodungsinseln. Die Wanderstrecke führt abwechslungsreich durch Wiesen, Felder und urwüchsige Waldstrecken. 

 

Ich starte bei trübem Wetter, aber es regnet nicht mehr. Noch im Dorf Grafenwiesen ist die Route des Jakobswegs geändert. Ich folge der exzellenten Beschilderung mit der Jakobsmuschel und wandere zunächst bergauf durch Wald, dann bergab durch Wiesengelände hinunter ins malerische Tal des Weißen Regen. Vor mir sehe ich den Kirchturm der Kirchenburg von Bad Kötzting, dahinter auf der Höhe die Wallfahrtskirche Weißenregen.

 

 

 

Blick über das Tal des Weißen Regen auf die Bad Kötztinger Kirchenburg, im Hintergrund die Wallfahrtskirche von Weißenregen

 

 

Der Jakobsweg führt zunächst ca. 5 km am Weißen Regen entlang nach Bad Kötzting. Der 2005 zum Kneippheilbad ernannte Ort wurde urkundlich erstmals 1085 erwähnt. Um 1260 erlangte das Dorf Marktrechte, die 1344 durch Kaiser Ludwig den Bayer bestätigt wurden. Bad Kötzting war ursprünglich Grundbesitz des Klosters Rott am Inn, dann Stützpunkt der Markgrafschaft Cham und fiel 1204 an die Wittelsbacher. Das Städtchen war für viele Jahrhunderte Sitz eines Landgerichts. Im Dreißigjährigen Krieg brannten die Schweden Kötzting 1633 völlig nieder. 1953 erhielt der Marktort Stadtrechte und war bis 1972 niederbayerische Kreisstadt. Die Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt bildet den Mittelpunkt einer Wehranlage mit äußerer Ringmauer, Graben und innerem Befestigungsring. Die 1179 in einer Papsturkunde erwähnte Kirche wurde 1737/38 erweitert, Chor und Turm 1766/69 neu errichtet. Die Innenausstattung ist barock mit dem Hochaltar von 1771 und der Kanzel von 1730. Das Schloss war ab 1361 Amtsgebäude des Land- und Pflegegerichts und dient seit 1805 als Pfarrhof.

 

Im Schloß Kötzting wurde 1787 Josef Ludwig Graf von Armansberg (1787-1853) geboren, der spätere bayerische Innen- und Finanzminister. Graf Armansberg diente anschließend unter König Otto von Griechenland als Erzkanzler und Regierungschef von Griechenland (1835-1837). Vielleicht erinnert sich ja jemand in Athen, trotz unserer geschichtsvergessenen Zeit, im Rahmen der 2015 erhobenen Reparationsforderungen an die enormen finanziellen bayerischen Aufbauleistungen zugunsten des - auch damals konkursreifen – griechischen Staates 1.

 

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1. der Autor dankt seiner königlichen Hoheit Luitpold Prinz von Bayern für seinen entsprechenden Hinweis auf diese finanziellen Leistungen in der Radiosendung des Senders BR Heimat Bayern „Habe die Ehre“ vom 3.6.2015.

 

 

 

Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt in der Kötztinger Kirchenburg
Zugang zur Kötztinger Kirchenburg
die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt im vorpfingstlichen Schmuck

 

 

Die barocke Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt besitzt eine qualitätvolle Innenausstattung, geschaffen u.a. durch den aus Landshut stammenden Christian Jorhan d.Ä. und den Kötztinger Johannes Paul Hager.

 

Seit 1412 ist in Bad Kötzting eine der ältesten Bittprozessionen zu Pferde, der sog. Kötztinger Pfingstritt zur St. Nikolaus-Kirche in Steinbühl, nachweisbar. Seit 2004 ist die, zuvor leider zu einer folkloristischen Attraktion herabgesunkene Wallfahrt, durch Mitführung der eucharistischen Gaben, wieder zu einer richtigen Wallfahrt geworden. Dabei tragen die Reiter einen besonderen Hut, den Pfingstreiterhut mit goldener Kordel.

Pfingstreiterhut (gesehen beim Hutmacher "Hutkönig" in Regensburg)

 

Ich verlasse die Stadt, gehe hinunter durch die Ludwigstraße und unter der Eisenbahnbrücke hindurch in den Kurpark, dort am Weißen Regen entlang, auf die schon von weitem sichtbare Wallfahrtskirche von Weißenregen zu. Nach Unterquerung der Landstraße führt der Weg steil bergauf an einem Kreuzweg entlang zur Wallfahrtskirche hinauf. Mir kommt es fast so vor, als wollte man bei der Erbauung von Kirche und Kreuzweg, den Leidensweg Christi, durch steil bergauf führenden Weg, körperlich spürbar machen. Jedenfalls keuche ich ganz schön mit meinem Rucksack bergauf. Oben belohnt mich ein weiter Rundumblick. In den Hussitenkriegen war die Gegend um Bad Kötzting mehrfach verwüstet worden.

 

 

Auf steilem Weg hinauf zur Wallfahrtskirche Weißenregen

 

In den Hussitenkriegen war die Gegend um Bad Kötzting mehrfach verwüstet worden. Die Le-
​gende führt das Entstehen der Wallfahrt auf die Entdeckung eines Gnadenbildes, einer thronenden Gottesmutter, zurück, die vor dem hussitischen Bildersturm gerettet worden und zunächst in einer Eiche aufgehängt war. 1584 wurde die Eiche bei einem Brand vernichtet, das Gnadenbild blieb jedoch wundersamerweise unzerstört und wurde jetzt in einem Bildstock aufgestellt. 1593 erbaute das Kloster Niederaltaich in Weißenregen eine Kapelle, die 1611 durch eine Kirche ersetzt wurde.
Schließlich wurde anstelle der baufälligen Kapelle 1750 bis 1765 die heutige Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt erbaut. Altäre und Kanzel schuf der Kötztinger Bildhauer Johann Paulus Hager. Die Kirche ist besonders durch ihre originelle Schiffskanzel bekannt.

Die Fischerkanzel“ von Weißenregen

 

Ich frage ich, ob nicht einer der beiden Fischer, die das Netz einholen, der hl. Jakobus d. Ä ist. Oder doch wohl zutreffender die Apostel Simon und Andreas. Hierzu heißt es im Markusevangelium, Kap. 1, 16-19: „Als er aber am Galiläischen Meer entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, wie sie ihre Netze ins Meer warfen, denn sie waren Fischer. Und Jesus sprach zu ihnen: Folgt mir nach; ich will euch u Menschenfischern machen! … Und als er ein wenig weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, wie sie im Boot die Netze flickten“.

 

Die Wallfahrtskirche und ihre Rokoko-Ausstattung

 

Von der Kirche führt der Jakobsweg bergab zum Blaibachersee, dem Stausee des Schwarzen Regen, der hier zu Stromgewinnung gestaut ist. Über die Staumauer führt der Weg auf die Westseite zu einem kleinen Gasthaus (8,65 km, 399 hm). Dahinter biegt er nach links in den Wald, bald darauf rechts den Hang hinauf, bis er auf die Trasse der ehemaligen Eisenbahnlinie trifft, der wir nach links folgen. Heute verläuft hier der beliebte Regental-Radweg. Nach ca. 2 km verläßt bei einem Gebäude der Jakobsweg rechts abknickend den Radweg, führt durch den Wald über einen Hügel und quert bald darauf die Staatsstraße (10,6 km, 465 hm). Dann geht’s über einen Hügel, vorbei an den beiden Einöden Rabenhof und Holzhof, dann durch ein großes Waldstück hinauf nach Heintzelsberg (12,7 km, 586 hm). Nun führt der Weg hinunter nach Voggenzell (14,6 km, 501 hm), dann gehen wir zunächst ohne nennenswerte Steigungen durch den Wald in Richtung auf nach Moosbach am Pfahl (16,6 km, 504 hm).

 

Vor dem nächsten Zwischenziel Moosbach am Pfahl (16,7 km, 489 hm) überqueren wir den Pfahl, ein nicht allzu hoher, steiler Kamm, der sich plötzlich vor uns aufbaut. Der Pfahl ist einer der auffälligsten geologischen Erscheinungen in Bayern, ein riffartiger, geradliniger Quarzgang, der sich auf 150 km Länge durch den nordöstlichen Bayerischen Wald zieht. Da das ihm umgebende weichere Gestein der Erosion weichen mußte, blieb der wallartige Pfahl als auffällige Erscheinung zurück.

 

Der Weg führt ein kurzes Stück steil bergan durch Wald und Blockgewirr von Felsen auf den Pfahl, wo wir oben auf einen Kreuzweg mit Ölberggruppe stoßen, der 1852 errichtet. Plötzlich und überraschend ragt vor uns die obere Hälfte des Kirchturms der Moosbacher Pfarrkirche auf. 

Turm der Pfarrkirche Moosbach am Pfahl

 

Die Pfarrkirche St. Johannes ist ein einschiffiger, im Kern romanisch-spätgotischer Gewölbebau, Ausbau 1691, Turmoberteil mit Haube 18. Jahrhundert, Sakristei 19. Jahrhundert, Langhaus 1963 verlängert; mit Ausstattung; Karner-Kapelle, im 18. Jahrhundert barockisierter Walmdachbau mit Giebelturm, im Kern gotisch. Im Innern merkt man, daß wir uns auf dem Jakobsweg befinden: auf­fällig ein goldgekleideter, von Trauer bewegter hl. Jakobus, deutlich erkennbar an zwei blauen Jakobsmuscheln und den Pilgerstab.

Der hl. Jakobus in der Pfarrkirche Moosbach am Pfahl

 

Zum erstenmal seit meinem Aufbruch zeigt sich für kure Zeit die Sonne. Von der Pfarrkirche führt der Weg durch das Dorf, dann 500m auf der Landstraße durch den Talgrund zum Weiler Pareszell. Hier zweigt der Wanderweg rechts ab und führt über Waldhöhen, dann teils auf der Landstraße am Weiler Schergengrub (19,1 km, 491 hm) vorbei, dann kurz vor Kellbach links abbiegend, im Zick-Zack nach Neurandsberg (20,1 km, 540 hm) mit seiner Burgruine.

 

An der Gaststätte Neurandsberg vorbei, folgt der Jakobsweg nun der Landstraße steil bergab ins Tal des Hammerbachs (504 hm) und dann ebenso steil bergauf nach Rattenberg (22 km, 564 hm). Hier wartet eine unliebsame Überraschung auf mich. Als ich im Gasthof „Zum Schmiedwirt“ einchecken will, ist der Gasthof mit Asybewerbern belegt. Zwar ist noch ein Zimmer frei, aber zusätzlich ist die Heizung gerade defekt und man wartet auf den Reparaturdienst. Gerne nehme ich das freundliche Angebot an, mich kostenlos zurück zur Gaststätte Neurandsberg zurückzubringen, auch wenn ich am nächsten Morgen erneut durch das Tal des Hammerbachs und anschließend hinauf nach Rattenberg gehen muß. In Neurandsberg bekomme ich ein schönes und preiswertes Zimmer und werde als Jakobspilger ausgewiesen sogar an den Stammtisch eingeladen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Etappe 4: von Neurandsberg über Rattenberg, Stallwang nach Haunkenzell

 

 

Ausgangspunkt: Gaststätte Neurandsberg

 

Streckenlänge: 19,4 km

 

Höhenmeter: 560 m ↑ 650 m ↓

 

Strecke: Gasthof Neurandsberg – Hammerbachtal – Rattenberg – Konzell – Denkzell – Forsting – Gallnerhof - Stallwang - Haunkenzell

 

Weg: 90 % Wanderweg, 5 % Straße, 36% befestigter Weg

 

Tourenrechner: komoot.de/plan

 

 

 

 

Die Sonne scheint und nach durchzechter Nacht gehe ich erstaunlich fitt (trotz einiger Blasen an den Füßen) von der Gaststätte hin­unter ins Tal des Hammerbachs und wieder hinauf nach Rattenberg (1 km, 564 hm. Dort vorbei an einem Weinberg, dem „Rattenbacher Pfarrgarten“ und weiter zum Pfarrhaus. Hier ist der Pilgerstempel erhältlich, der sich un einem Schaukasten am Pfarrhaus befindet. Von hier führt der Jakobsweg durch Wald und Wiesen bergab ins Tal des Klinglbach, den wir bei der Perlbachermühle (2 km, 485 hm) überqueren. Nun geht’s bergauf bis auf ca. 600 hm, durch den Wald, dann hinunter nach Konzell.

 

 

Das sind Aussichten: Biergarten und blauer Himmel
Der Autor auf dem Jakobsweg

 

Beim Konzeller Ortsteil Streifenau erreichen wir die Landstraße, gehen um das Industriegelände herum und nach Konzell (6,2 km, 588 hm) hinein. Der erneut präzise gekennzeichnete Jakobsweg führt bergauf bis zur Kirche St. Martin, die 1740 auf der Grundlage eines gotischen Vorgängerbaus errichtet wurde. 

 

Kirche St. Martin in Konzell

 

Ins Tagesziel Haunkenzell ist's noch 12,7 km weit.

 

Wanderwegweiser in Konzell

 

Wir gehen weiter bis an den südwestlichen Ortsrand, wo wir auf eine Umgehungsstraße treffen. Durch blumenreiche Wiesen und Wald geht’s blauem Himmel und Sonnenschein von Konzell (6,2 km, 588 hm) ins nahegelegene Denkzell (8,78 km, 567 hm), das wir nach ca. ½ Std. Wegs erreichen. Bei ersten Bauernhof steht rechts in einem kleinen Wäldchen die Kapelle von Denkzell mit einer Anzahl von Totengedenkbrettern. Wir biegen rechts in wunderschöne Dörfchen ab, das im Jahre 1995 als Bundessieger den Wettbewerb Unser Dorf soll schöner werden als „Schönstes Dorf Deutschlands“ gewonnen hat. Alles blitzsauber mit herrlichem Blumenschmuck. Hier lädt der Landgasthof Schedlbauer zur Pause ein. Ich bin immer noch nicht eingelaufen, habe Blasen und Muskelkater. Eine Pause kommt mir also gerade recht.

 

Anschließend geht es am Ortsende weiter bergauf, bis an einer kleinen Anhöhe der Jakobsweg bei einer großen Eiche links abzweigt. Der Jakobsweg führt am Wiesenrand entlang, dann im Wald leicht bergauf bis zu einer, dem Heiligen Joseph geweihten Kapelle von 1862. Ein Totenbrett verweist auf Bartholomäus Müller, einen Häusler aus den nahegelegenen Großhöfling, verstorben im Alter von 67 Jahren, ausgerechnet am 24.12.1863.

 

Kapelle bei Denkzell

 

Weiter geht’s durch den Wald bergauf. Eine Wegänderung des Jakobswegs führt hinauf auf den Gipfel des Gallner , bezeichnet als „König des Vorwaldes“. Über die Bezeichnung kann man streiten: zum einen liegt der vom Weg angesteuerte Gipfel völlig ohne Aussicht im Wald und es wäre landschaftlich schöner gewesen, durch die Wiesen ins Tal zu laufen. Zum anderen erreichen wir auf der kommenden Etappe größere Höhen. Wie dem auch sei: es geht von Denkzell (567 hm) auf den Gallner (697 hm) und dann steil hinab nach Stallwang (14,5 km, 360 m). 

 

Blick vom Abhang des Gallner in Richtung Stallwang

 

 

Der Jakobsweg führt durch Stallwang hindurch. Der Ort war wichtige Poststation an der uralten Straße von Straubing nach Böhmen und früher sicher Zwischenziel der Jakobspilger. Die auf einem ehemaligen Burghügel inmitten eines ummauerten Friedhofs gelegene Pfarrkirche St. Michael wurde im 30jährigen Krieg zerstört und in barockem Stil samt ihren prächtigen Rokoko-Altären wieder aufgebaut. Da die Zeit bereits fortgeschritten ist, uns ich mich um 16:00 im Gasthof „Silbersterne“ in Haunkenzell angemeldet hatte, gehe ich ohne Pause weiter, erreiche im Nordwesten von Stallwang im Ortsteil Rißmühl die B20, die hier auf einer Brücke den Talgrund überquert. Gleich nach der Unterführung biegt der Jakobsweg links in einen bergauf führenden Feldweg ab und führt durch den Wald vom Lärm der Straße wieder in die Einsamkeit. Es geht abwechslungsreich durch kleinere Waldstücke mit dazwischenliegenden Rodungsinseln. Beim Weiler Pfahlhaus (18,5 km, 435 hm) treffen wir auch kleine Landstraße, der wir durch den Weiler hindurch folgen. Dann führt der Weg einen Hügel hinauf, wobei mit zunehmender Höhe die Kirchturmzwiebel unseres Tagesziels Haunkenzell sichtbar wird.

Beim Weiler Pfahlhaus: Blick zurück in Richtung Stallwang
Blick auf Haunckenzell

 

Bald darauf erreiche ich das Dörfchen Haunkenzell, wo ich im Gasthaus „Silbersterne“ wie vereinbart um 16:00 eintreffe. 

 

Haunkenzell wird 1184 erstmals urkundlich erwähnt; vermutlich war dies eine Rodungssiedlung der Grafen von Bogen. Die entspre­chende Hofmark (abgegrenzter Bezirk einer Grundherrschaft, der das Recht zur niederen Gerichtsbarkeit zustand) entstand wahr­scheinlich im Gefolge der von Herzog Otto von Niederbayern erlassenen sog. Ottonischen Handfeste vom 5. Juni 1311; darin ge­währte der Herzog gegen eine einmalige Steuer die Bildung von Niedergerichtsbezirken. Als Inhaber der Hofmark Haunkenzell ist Chunrad der Eycher erstmals 1361 und dann bis 1410 hier nachweisbar. Von Konrad Eycher ging die Hofmark um 1400 auf dessen Schwiegersohn Kaspar Göttlinger über; die Göttlinger 1476 stifteten den Vorgängerbau der Filialkirche St. Martin in Haunkenzell. Auf dem Heiratsweg gelangte Haunkenzell 1450 an die Nußberger, die 1551 auch die Hofmark Stallwang erwarben. Der letzte aus dieser Familie war Augustin Nußberger; dieser veräußerte Haunkenzell mit Stallwang an Albrecht von Murach zu Haibach. Gegen Mitte des 17. Jahrhunderts waren die Herren von Keck Inhaber von Haunkenzell. Im 18. Jahrhundert gehörte Haunkenzell nacheinan­der den Dürnitz (bis 1882), den Asch und schließlich den Poißl (bis 1828). 1833 kam das Schloss und nebst der zugehörigen Land­wirtschaft kamen in bäuerlichen Besitz.

 

Das direkt am Jakobswege liegende Schloss Haunkenzell wurde im 16. Jahrhundert erbaut und im 17. und 18. Jahrhundert umgestaltet. Der Stich von zeigt Haukenzell noch als Wasserschloss. Das dreigeschossige Gebäude besitzt einen über das Dach hinausragenden und mit einem Spitzdach gedeckten Turm sowie eine Sonnenuhr. Die Anlage ist durch eine einfache Mauer und einen Wassergraben geschützt. Etliche Gebäudeteile wurden zusammen mit den Ecktürmen und der Schlosskapelle schon im 19. Jahrhundert abgerissen; die beiden verbliebenen dreigeschossigen Schlossflügel wurden im Erdgeschoss landwirtschaftlich genutzt.

 

Der nordöstliche Gebäudeteil ist durch einen Einsturz abgegangen. Heute ist das ehemalige Schloss noch als hakenförmiger Bau der ehemaligen Vierflügelanlage erhalten. Das Gebäude ist mit einem Walmdach gedeckt; es besitzt einen Torturm und einen Eckturm, der nun mit einer Zwiebelhaube gedeckt ist. Reste des ehemaligen Schlossweihers sind noch vorhanden. Das ehemalige Wasserschloss Haunkenzell wurde durch Notsicherungsmaßnahmen durch die Familie Alfred und Elfriede Hilmer mit Hilfe des Landesamtes für Denkmalpflege vor weiterer Zerstörung gerettet (vgl. wikipedia, Stichwort Haunkenzell, Abruf vom 4.6.2015).

 

Schloß Haunkenzell

 

Der Landgasthof „Silbersterne“ wird seit mehr als 500 Jahre betrieben und wurde erstmals am 5.12.1.4787 in einer Urkunde des Klosters Oberaltaich genannt. Seit 1888 befindet sich das schöne Gasthof im Besitz der Familie Baumgärtner. Der Name "Silbersterne" bezieht sich auf den Na­men der Volksmusikgruppe, die Vater des jetzigen Inhabers, Rudi Baumgartner mit seiner Frau Christl seit sehr erfolgreich betrieb. Durch ihn und seine Schwester ("Geschwister Baumgartner") wurde Haunkenzell und sein Wirtshaus auf musikalische Art landesweit bekannt. Die Musikkapelle "Silbersterne", noch mehr die Geschwister Baumgartner, ernteten mit ihren volksmusikalischen Beiträgen in Rundfunk und Fernsehen viel Beifall. Ich bin gut untergebracht und werde gut und reichhaltig bewirtet.

Sentenz im Gasthof Silbersterne in Haukenzell

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Etappe 5: von Haunkenzell über die Wallfahrtskirche Pilgramsberg und Wiesenfelden nach Wörth/Donau

 

 

Ausgangspunkt: Haunkenzell

 

Streckenlänge: 25 km

 

Höhenmeter: 490 m ↑ 580 m ↓

 

Strecke: Haunkenzell – Wallfahrtskirche Pilgramsberg – Hauptenberg – Wiesenfelden – Schiederhof – Hubmühle – Hungersacker – Worth a.d. Donau

 

Weg: 81 % Wanderweg, 15 % Straße, 5% befestigter Weg

 

Tourenrechner: komoot.de/plan

 

 

 

Blick zurück auf Schloß Haunckenzell

 

Die Etappe beginnt gleich richtig „bergig“. Vorbei am Schloß Haukenzell (423 hm) geht’s sofort bergauf, durch Wald und Felder und zum Schluß „direttissima“ geradewegs steil hinauf zur Wallfahrtskirche Pilgramsberg (1,8 km, 619 hm). Eine schweißtreibende Angelegenheit und ich keuche beim Anstieg ganz schön, obwohl ich mich am 5. Tag inzwischen ganz fit fühle und die Blasen weitgehend abgeklungen sind.
es geht steil hinauf zur Wallfahrtskirche Pilgramsberg

 

Die Geschichte der Wallfahrt auf den Pilgramsberg geht bis ins Jahr 1405 zurück. Wurde ursprünglich zur heiligen Ursula gewall­fahrtet, kam die große Wende der Wallfahrt auf den Pilgramsberg 1839 mit der Aufstellung der Marienstatue. Zu Ostern dieses Jahres besuchte der Dienstknecht Georg Fenzel die Kirche auf dem Pilgramsberg und erkannte sogleich, dass diese Kirche der richtige Platz für seine Mutter-Gottes-Figur sei. Nur ein paar Tage später, am 14. April 1839, am zweiten Sonntag nach Ostern, wurde die Figur unter Teilnahme einer großen Volksmenge in einer feierlichen Prozession vom Dorf in die Kirche auf dem Berg gebracht. Schon bald danach kamen viele Gläubige zur „Lieben Frau vom Pilgramsberg“.

 

Der schlichte Barockbau der Wallfahrtskirche St. Ursula von 1680 wurde 1905 vergrößert. Im Inneren befinden sich spätgotische Holzfiguren und zahlreiche Votivtafeln. Die Deckengemälde und die Altäre stammen aus dem frühen 20. Jahrhundert, das Gnadenbild auf dem Hochaltar ist eine Kopie des Altöttinger Wallfahrtsbildes.

 

Das Gnadenbild in der Kirche St. Ursula auf dem Pilgramsberg
Zahlreiche Votivbilder zeugen von der wunderbaren Hilfe der Patrona Bavariae

 

 

Die Wallfahrtskirche hat eine herausragende Lage auf dem Gipfel des Berges. Man hat bei schönem Wetter einen großartigen Blick über den Vorwald hinweg und in die Donauebene hinein. Bei gutem Wetter – das ich leider nicht hatte – kann man in der Ferne Straubing sehen, an klaren Tagen sogar die Alpen.

Blick vom Pilgramsberg in die Donauebene

 

Der weiterhin gut ausgeschilderte Jakobsweg führt nun im Bogen um das im Tal liegende Dorf Pilgramsberg herum, zunächst im Wald, dann queren die Staatsstraße (3,14 km, 599 hm), dann führt der Weg zunächst bergauf. Im Osten begleitet uns immer noch der „Hohen Bogen“. Weiter geht’s abwechslungsreich im Wechsel von Wald, Rodungsinseln und kleinen Weilern im steten Bergauf und Bergab. Hinter dem Weiler Kesselboden macht der Weg einen Schwenk nach Nordwesten und führt nun durch das große Waldgebiet, das sich am ganzen nördlichen Talhang der Donau bis nach Regensburg hinzieht. Beim Weiler Kragenroith treten wir auf eine Rodungsinsel, wo plötzlich eine Änderung des Jakobsweges angekündigt wird: „Achtung: Ab hier Streckenänderung Jakobsweg (Abweichung von Karten und Führer).

 

Ein Grund wird nicht genannt und ist auch nicht ersichtlich.Ich bin zunächst fassungslos und ziemlich verärgert und verfluche – nun gar nicht mehr Pilger-like - „Gott und die Welt“, zumal der Weg nun leicht bergauf nach Nordwesten führt, statt bergab nach Westen ins nahe Hauptenberg. Wohin geht’s nun bitte ? Es fehlen sämtliche Angaben und ich folge der Wegänderung, gewissermaßen ins Blaue hinein. 

 

 

Rätsel: wohin führt der Weg ?

Nach einiger Zeit stoße ich auf den Weiler Unkenzell, und kann mich nun anhand der Karte im Wanderführer orientieren. Der Weg führt weiter durch Wald und Felder, dann taucht vor mir Wiesenfelden auf. Steil geht’s hinab in den schönen Ort (9,45 km, 607 hm) mit seinem Schloß und der Weiherlandschaft. Über eine Bohlenbrücke, die mitten durch den Beckenweiher führt und mit auffallend vielen naturkundli­chen Hinweisschildern versehen ist, komme ich in Ort und folge den Wegweiser zum Schloß. Nun wird mir auch der Grund der We­geänderung klar: vermutlich Politik, denn der Schloßherr ist der bekannte Umweltaktivist Hubert Weinzierl, der im Schloß Wiesen­felden das von der EU geförderte Umweltzentrum begründet hat. Das ursprünglich am Jakobsweg liegende Zwischenziel Haupten­berg hat demgegenüber wohl weniger Förderer auf seiner Seite. Insgesamt habe ich aber den Umweg über Wiesenfelden nicht bedauert, zumal ich im Gasthof „Zur Post“ mit einem Teller schmackhafter Sülze bewirtet wurde.

Umweltzentrum Schloß Wiesenfelden

Nach der willkommenen Stärkung geht’s um den schönen See herum, dann weiter durch die Wiesen, teils auf auf asphaltierten Feldwegen nach Schiederhof (13 km, 654 hm) mit seiner bekannten Ausflugsgaststätte. Da ich gerade zu Mittag gegessen habe und der Weg nach Wörth noch weit, folge ich der hier leider fehlerhaften Wegmarkierung, die über den Parkplatz zum Gasthaus und von dort in den Wald mit ca. 3 Umweg zurück zum Beginn des Parkplatzes führt. Warum einfach, wenn's auch schwieriger geht. Es hätte hier genügt, 50 m über einen Wiesenweg zu gehen, um wieder auf dem Trail zu sein.

 

Ab hier bin ich wieder auf dem im Wanderführer beschriebene Weg. Dieser führt durch den Wald auf Forststraßen hinunter bis nach Hubmühle (15,2 km, 571 hm). Dort überquert der Jakobsweg den Bach rechterhand, führt durch die Gebäude hindurch und steigt auf geschottertem Weg bergan bis zum Weiler Hub. Dort verpasse ich die Abzweigung nach links (oder fehlte hier die Markierung ?) und gehe hinauf bis zum Weiler Oberroith (16,9, km, 632 hm) an der Staatsstraße. Das Wetter wird schlecht und es ist noch weit bis Wörth. Also gehe ich auf der Staatsstraße hinunter zur Streusiedlung Weiher, wo ich am See auf Eder's Gasthaus am See (19,9, km, 503 hm) stoße. Hier ist mächtig was los, eine Hochzeit mit leider geschlossener Gesellschaft. Offenbar mache ich eine solchen „fertigen“ Eindruck, daß mir ein Weißbier spendiert wird.

Eder's Gasthof am See in Weihern

 

 

Noch immer sind es knapp 8 km bis Wörth, weshalb ich auf der Nebenstraße weiter gehe. Nach 2 km erreiche ich da Dörfchen Hun­gersacker (21,9 km, 468 hm). Leider fährt hier am Wochenende kein Omnibus, weshalb ich auf dem Jakobsweg weitergehe, der über dem Bachgrund ostwärts an Hungersacker vorbeiführt. Weiter geht es durch feuchte Wälder, in denen aufgrund der vorausgegange­nen Regenfälle eine regelrechte Schnakenplage herrscht. Dafür geht’s meist bergab bis ich endlich bei Wörth (28,1 km, 344 hm) die Donau erreiche.

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